Grenzen können Brücken sein

Grenzen können Brücken sein

In meiner letzten Ausbildungswoche hat mich etwas ganz tief berührt. Es war so ein Moment, der still macht. Der etwas in mir erinnert hat. Daran, warum ich diesen Weg gehe. Warum ich Familien begleite, Paare, Beziehungen. Warum ich so für den erlebnis- und beziehungsorientierten Ansatz brenne. Weil es ums Echte geht. Um echtes Interesse. Echte Verbindung. Echtes Zuhören.

Gerade im Familienalltag spüre ich das immer wieder: Kinder wollen gesehen werden. Und sie verdienen es, gesehen zu werden. Mit all dem, was sie mitbringen. Mit all ihren Gefühlen, Gedanken, ihren Bedürfnissen. Und gleichzeitig braucht es uns Erwachsene. Die, die einen klaren Rahmen halten. Die Entscheidungen treffen, auch wenn sie nicht immer gefallen. Die sagen: „Ich sehe dich und trotzdem mache ich jetzt diesen Schritt.“ Nicht aus Härte. Sondern aus Liebe.

Ich selbst habe lange mit dem Thema Grenzen setzen gerungen. Ich hatte oft das Gefühl: Wenn ich Nein sage, enttäusche ich. Wenn ich mich abgrenze, verliere ich Verbindung. Wenn ich für mich einstehe, bin ich egoistisch. Vielleicht kennst du solche Gedanken?

Und dann, mitten in einem Ausbildungsmodul, dieser Satz, ganz leise gesagt, und trotzdem so kraftvoll: „Wenn du eine Grenze setzt, darfst du trotzdem in Beziehung bleiben.“ Du darfst fragen: „Wie geht es dir damit?“ Du darfst hören: „Was macht das mit dir?“

Das hat mich verändert. Weil ich plötzlich gemerkt habe: Es gibt nicht nur eine Art, Grenzen zu setzen. Ich kann einfach „Nein“ sagen, ohne zu erklären, ohne hinzuschauen. Einfach zumachen. Vielleicht aus Müdigkeit. Oder aus Schutz. Aber das fühlt sich oft nach Distanz an. Nach: „Jetzt bist du allein damit.“ Und ich kann es anders machen. Ich kann sagen: „Das ist meine Grenze.“ Und gleichzeitig offen bleiben. Mich interessieren, wie es dem anderen damit geht. Zuhören. Spüren. Und auch bereit sein, mich noch einmal zu bewegen. Nicht, weil ich unsicher bin, sondern weil mir die Verbindung wichtig ist. Vielleicht bleibe ich bei meinem Nein. Vielleicht wird es ein Ja. Aber dann ein echtes. Freiwillig. Ehrlich. Tief. Nicht, weil ich gefallen will. Sondern weil ich gesehen habe, was mein Nein beim anderen auslöst und es neu einordne. Aus Interesse für meine Gegenüberund für die Beziehung. Das hat für mich ganz viel verändert, weil ich gemerkt habe: Grenzen müssen keine Mauern sein. Sie können Brücken sein, wenn ich sie liebevoll setze. Und den anderen dabei nicht verliere.

Und du? Wo in deinem Leben spürst du: Hier möchte ich klarer sein? Wo wäre es Zeit, eine Grenze zu setzen? Nicht, um zu trennen, sondern um Verbindung neu und ehrlich entstehen zu lassen? Vielleicht ist genau da der Anfang. Von echter Beziehung: von dir. Von uns.

Herzlichst,
Michelle
Ohana Beratung

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