Parentifizierung: Welche Folgen sie haben kann
„Du warst das Kind, das zu viel wusste.“
Wenn du als Kind Verantwortung übernehmen musstest und heute heilen darfst
Vielleicht warst du das ruhige Kind.
Das, das alles mitbekommen hat, obwohl niemand dachte, dass es zuhört.
Das, das funktioniert hat, obwohl es innerlich oft überfordert war.
Das, das getröstet hat, obwohl es selbst Halt gebraucht hätte.
Wenn Kinder emotional oder praktisch Aufgaben übernehmen, die eigentlich den Eltern zustehen, spricht man von Parentifizierung. Was sich für dich vielleicht wie dein normales Aufwachsen angefühlt hat, war in Wahrheit eine stille Überforderung und ist oft eine große seelische Last.
Was ist Parentifizierung?
Wenn du als Kind Verantwortung tragen musstest, für die du eigentlich noch viel zu jung warst, kann das tiefe Spuren hinterlassen. Vielleicht hast du dich um deine Geschwister gekümmert. Die Stimmung zu Hause stabil gehalten. Deine Eltern emotional aufgefangen. Viel geschluckt. Dich angepasst.
Du warst nicht mehr nur Kind. Du warst gleichzeitig Helfer:in, Tröster:in, Vermittler:in, Stütze. Oft passiert das nicht absichtlich. Eltern sind selbst überfordert, krank, emotional abwesend oder schlicht nicht in der Lage, ihre Rolle zu erfüllen. Und Kinder – so unfassbar feinfühlig sie sind – springen ein. Weil sie ihre Eltern lieben. Weil sie spüren, dass sonst niemand da ist.
Wie sich Parentifizierung innerlich anfühlt
Vielleicht kennst du diesen ständigen Druck, funktionieren zu müssen. Das Gefühl, für andere mitdenken und mitfühlen zu müssen. Vielleicht fällt es dir schwer, Hilfe anzunehmen oder deine eigenen Bedürfnisse zu spüren. Vielleicht fühlst du dich oft leer, aber kannst schwer erklären, warum.
Und vielleicht sagst du heute noch Dinge wie:
„Ich will niemandem zur Last fallen.“
„Ich muss stark sein.“
„Ich krieg das schon irgendwie hin.“
Was du als Kind gelernt hast, wirkt oft leise weiter und selbst dann, wenn du längst erwachsen bist.
Was das mit deinem heutigen Leben macht
Wenn du früh zu viel tragen musstest, kann das Auswirkungen auf viele Lebensbereiche haben. Du übernimmst Verantwortung, auch wenn es eigentlich gar nicht deine ist.
Du bist für alle da, aber kaum jemand ist wirklich für dich da. Du ziehst dich emotional zurück, obwohl du dir Nähe wünschst. Du funktionierst. Immer.
Und irgendwann fragst du dich: Wann bin ich eigentlich mal dran?
Diese Muster haben sich tief eingebrannt, aber sie sind nicht dein Schicksal. Du darfst heute anders leben.
Es war zu viel. Und du darfst das anerkennen.
Vielleicht hat dir nie jemand gesagt, dass das, was du erlebt hast, zu viel war. Vielleicht wurde es als „normal“ abgetan. Aber du darfst fühlen, was du damals nicht fühlen konntest. Du darfst traurig, wütend, müde sein. Du darfst dir zugestehen, dass du ein Kind warst und dass es nicht deine Aufgabe war, alles zusammenzuhalten.
Heute darfst du dich selbst in den Mittelpunkt stellen.
Du darfst weich werden, ohne dich schwach zu fühlen.
Du darfst Nein sagen, ohne dich schlecht zu fühlen.
Du darfst dich selbst versorgen, ohne Schuld.
Und du darfst dir Hilfe holen.
Heilung beginnt oft da, wo du zum ersten Mal liebevoll hinschaust. Wo du erkennst: Ich war nicht falsch. Ich war überfordert. Und ich darf heute neu lernen, gut für mich zu sorgen.
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Problematische Folgen von Erwachsenen, die zu früh zu viel Verantwortung tragen mussten
Psychologisch gesehen entwickeln viele einen ausgeprägten Perfektionismus. Die Angst, Fehler zu machen, ist groß, denn Fehler konnten in der Kindheit ernsthafte emotionale Konsequenzen haben. Das Selbstwertgefühl ist oft niedrig und wird stark über Leistung, Anpassung und Hilfsbereitschaft definiert.
In zwischenmenschlichen Beziehungen zeigen sich ebenfalls Schwierigkeiten. Nähe und Intimität können ebenso herausfordernd sein wie das Setzen von Grenzen. Häufig ziehen parentifizierte Erwachsene Menschen an, die ebenfalls Hilfe benötigen, wodurch alte Rollenmuster unbewusst fortgesetzt werden. Gleichzeitig haben viele eine tief sitzende Angst, zur Last zu fallen, was es ihnen schwer macht, um Hilfe zu bitten oder ihre eigenen Bedürfnisse klar zu kommunizieren.
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Arbeit in der psychologischen Beratung
In meiner Praxis für Familien- und Paarberatung begleite ich Menschen wie dich. Personen, die früh stark sein mussten, aber heute nicht mehr alles allein tragen wollen.
In einem geschützten Rahmen schauen wir gemeinsam auf deine Geschichte, deine Muster, deine Bedürfnisse. Du musst nicht mehr alles halten. Du darfst jetzt ankommen – bei dir.
📎 Mehr zum Thema findest du auch auf meinem Instagram-Kanal – dort teile ich Gedanken, Impulse und Erfahrungen aus der Praxis.